Von Erholung war nie die Rede by Andrea Sawatzki

Von Erholung war nie die Rede by Andrea Sawatzki

Autor:Andrea Sawatzki [Sawatzki, Andrea]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
ISBN: 9783492968195
Herausgeber: Piper
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


31.

Kapitel

Susanne und ihr Dirk von Bücken-Lippe hatten es sich in einem Strandcafé gemütlich gemacht. Susanne schwärmte von den Vorzügen der ayurvedischen Ernährung, während sie aus einem Riesenbecher Erdbeeren mit Schlagsahne löffelte. Zwischendurch nippte sie am hauseigenen Prosecco und kam immer mehr in Fahrt.

»Du kannst dir das nicht vorstellen, Dirk. Es ist ein Gefühl, als wären dir über Nacht Flügel gewachsen, wenn du dich so ernährst.«

»Ach ja?« Dirk schien nur mäßig interessiert und blickte um sich.

»Jaaa, großartig! Es gibt da ja drei verschiedene Doshas sozusagen, und da wird man gleich zu Beginn eingeteilt. Man bekommt nur zu essen, was einem wirklich guttut und die Verdauung in Schwung bringt. Das ist ja das Volksleiden Nummer eins, die Verdauung, nur dass kaum einer drüber spricht. Aber wenn du dir vorstellst, dass eine träge Verdauung die Vorstufe zum Darmkrebs ist, ist der Gedanke, sich ayurvedisch zu ernähren und quasi den Dialog mit dem Darm zu suchen, gar nicht so abwegig. Das hat sich noch viel zu wenig herumgesprochen. Und ich überlege, ob ich zu Hause in Duisburg vielleicht eine indische Arbeitsgruppe gründe. Mit Kochkurs.« Sie lud sich eine Portion Schlagsahne in den Mund.

Dirk lehnte sich weit in seinem Stuhl zurück und linste der vorbeieilenden Kellnerin auf den Hintern.

»Wo guckst du denn ständig hin?«

»Ich? Nirgends. Ich höre dir zu, Susanne. Ungemein aufregende Sache.« Dann sagte er: »Was macht denn eigentlich die bezaubernde Gundula heute?« Er bemühte sich um einen möglichst neutralen Tonfall.

»Wer? Gundula? Woher soll ich das wissen?«

»Nettes Mädchen«, sagte er, trank einen Schluck Tee und leckte den Tassenrand ab.

Susanne betrachtete ihn und stutzte kurz. Das sah nicht sonderlich grafenhaft aus.

»Na ja, Mädchen ist ein bisschen übertrieben. Gundula hat die fünfzig auch schon überschritten …«

»Hat sich aber gut gehalten, finde ich.«

»Natürlich«, sagte Susanne kühl. »Bei dem Ehemann würde sich jede gut halten.«

»Was ist eigentlich«, setzte Dirk hinzu, »mit dem Inseltagebuch? Schreibt da schon jemand?«

»Ach Gott, das Inseltagebuch!«, rief Susanne. »Das hab ich glatt wieder vergessen!« Dann fügte sie leise hinzu: »Sind ja auch Ferien, nicht wahr?«

Dirk räusperte sich kurz. »Nicht ganz … Ein bisschen was müsstet ihr da schon beisteuern, sonst entsteht ein gewisses Ungleichgewicht.«

»Ich kümmere mich darum. Gleich morgen.« Susanne hob die Hand und bestellte sich noch ein Gläschen.

»Heute wäre besser!« Und damit nahm Dirk sich sein iPhone und stand auf. »Entschuldige, liebe Susanne, ich habe ganz vergessen, dass ich ein wichtiges Telefonat führen muss. Bin gleich wieder da.«

»Aber hoffentlich doch nicht wegen uns, oder?«

»Nein, mit meinem Verwalter. Wir müssen die Herden von den Weiden holen, es wird zu kalt.«

Meine Güte, Dirk hatte nicht nur Obstplantagen, er besaß anscheinend auch Ländereien und eine Viehzucht!

Was für ein Glücksgriff!



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